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Eros

Eros, den steten Begleiter der Liebesgöttin Aphrodite, kennen die meisten als engelsgleichen Knaben mit Bogengeschoss und schneeweißen Flügeln. Doch dieses Bild entstand erst im Barockzeitalter, als antike Werte und Gottheiten eine verklärte Renaissance erfuhren. Der echte Eros, wie ihn die Griechen ersannen und die Römer übernahmen, präsentiert sich in ganz anderer Gestalt...

Eros als Sohn der Finsternis

Je nach Erzählungen sind die Eltern des Eros‘ unterschiedlich und damit auch seine Geschichte. Nach Hesiod ist Eros ein Sohn des Chaos und gehört damit zusammen mit Gaia, Nyx, Tartaros und Erebos zu den ersten entstandenen Gotteheiten. Andere Erzählungen sprechen von Aphrodite (römisch Venus) und des Ares (römisch Mars) als Eros Eltern, wobei teilweise auch Hermes oder Zeus als möglicher Vater angegeben wird.

Die heutzutage vorherrschende Darstellung Eros ist eng verknüpft mit einer ebenso falschen Geschichte über seine Herkunft. Er wird häufig als Söhnchen der Liebesgöttin interpretiert, die er beim Wecken inniger Gefühle mit wohl gezielten Pfeilen unterstützt. In der Komödie Die Vögel von Aristophanes ist Eros nämlich ein Kind der Nacht, einer urtümlichen Figur der Mythologie – und damit wesentlich älter als Aphrodite, die erst durch Zeus geschaffen wurde.

Nacht wurde zusammen mit ihrem Bruder Tag aus dem Chaos geboren; hatte es jedoch ungleich schwerer von den Menschen akzeptiert zu werden. Aus Ärger darüber hinterließ sie auf der Erde ein silbernes Ei – das zwar schön anzusehen war, jedoch ein dunkles Geheimnis barg. Als seine Schale aufsprang, entstieg ihm ein Mensch, nicht mehr Kind und noch nicht Mann: Eros, ein Halbwüchsiger mit grimmigem, beinahe diabolischem Gesichtsausdruck.

Eros – nomen est omen

Der Name des frisch Geschlüpften wurde zum Vorbild für das Wort Erotik, das die sinnliche Ausstrahlung eines Menschen umschreibt. Die Römer gaben ihm jedoch eine andere, weitaus treffendere Bezeichnung. Sie nannten den pubertierenden Knaben Cupido, was so viel wie Begierde heißt. In dieser Eigenschaft nahm Eros seine Tätigkeit innerhalb der Mythologie auf – und sollte sie bis ins dritte Jahrhundert vor Christus behalten. Erst dann stellten ihm die Römer den liebenswerteren Amor gegenüber.

Der benahm sich zunächst ähnlich wie das griechische Original; wurde aber durch innige Gefühle geläutert und war fortan selbst als Liebesstifter unterwegs. Durch ihren gemeinsamen Ursprung und den zunächst ähnlichen Charakter werden die beiden Figuren meist gleichgesetzt; doch Eros ist – wenn überhaupt – das Vorbild für Cupido, den Gott des kopflosen Begehrens und der egoistischen Lustbefriedigung.

Eros bei der Arbeit

Diese Funktion in der Götterfamilie wird bereits durch Äußerlichkeiten deutlich: Anders als seine erhabenen, meist wohlgestalteten Verwandten ist Eros nichts Halbes und nichts Ganzes; ein schmal gebauter Jüngling mit androgynen Zügen und finsterem Blick – angesiedelt im Niemandsland zwischen Kindheit und Erwachsensein. Entsprechend unausgereift ist sein Wesen. Eros agiert sprunghaft; er handelt oft unüberlegt und meist zu seinem eigenen Vorteil. Pfeil und Bogen kennzeichnen ihn als Überraschungsangreifer, der sein Ziel auf Distanz erreicht.

Wie seine barocke Glorifizierung besaß auch der antike Eros Flügel; doch sie glichen eher Rabenschwingen als Engelsflaum – denn sie waren schwarz und deutlich ausladender als auf später entstehenden Gemälden. Mit ihnen konnte sich Eros in der Dunkelheit gut tarnen und fast lautlos fortbewegen. Das nutzte er, um seinen Opfern so nahe wie möglich zu kommen und seine Bogengeschosse präzise zu platzieren: mitten ins Herz.

Hier verursachten Eros' Pfeile schwere Verbrennungen, denn statt tiefer aufrichtiger Liebe entfachten sie ein gefährliches Feuer. Wer von dem geflügelten Bogenschützen getroffen wurde, empfand das unbezwingbare Verlangen, eine bestimmte Person zu besitzen – notfalls auch gegen ihren Willen. Statt sich der/dem Begehrten mit Respekt und Vorsicht zu nähern, stürzten sich Eros' Opfer förmlich auf sie – und statt auf die Gefühle anderer achteten sie nur auf sich selbst.

Doch diese Reaktion ist nicht etwa ein Versehen Eros' – sondern seine volle Absicht. Unreifes, eigennütziges Verlangen und der Wunsch ihm umgehend nachzukommen sind genau das, was er in seinen Opfern wecken will. Wie viel diebische Freude das dem göttlichen Bogenschützen bereitet, hat niemand besser festgehalten als Michelangelo Merisi da Caravaggio. Sein Gemälde Omnia vincit Amor (etwa "Liebe besiegt alles") zeigt den Jüngling im Triumph über Geistiges und Kulturelles.

Gemälde Omnia vincit Amor mit Eros darauf
Omnia vincit Amor von Michelangelo Merisi da Caravaggio

Der gelenkte Eros

Damit verkörperte Eros genau das Gegenteil von Liebe; nämlich die triebhafte Befriedigung niederer Gelüste. Das erklärt, warum er so viel eher in der Mythologie auftaucht als seine angebliche Mutter und Gegenspielerin, die Liebesgöttin Aphrodite. Trieb und Lust waren nun einmal stärkere Impulse in der Menschheitsgeschichte als Feingeist und tiefe Gefühle.

Doch so anders Eros auch arbeitet: Der Legende nach schloss er sich dem Gefolge der Göttin an – denn im Zuge aufkeimender Gefühle ist auch das Begehren gefragt. Dabei erhielt der stürmische Knabe Unterstützung von Himeros, der Sehnsucht und Peitho, der Überredungskunst. Gemeinsam mit Aphrodite bereiteten sie den Auftritt der drei Chariten vor, die Menschen anmutig, schön und freudvoll scheinen lassen – besonders in den Augen derer, die ihnen Gefühle entgegenbringen.

Eros und Psyche

Spricht man von Eros, darf Psyche nicht fehlen. Einige werden beide auch unter dem Namen “Amor und Psyche” kennen. Es handelt sich hierbei um eine Geschichte des Schriftstellers Apuleius, die in den Metamorphosen enthalten ist. Apuleius schrieb auf lateinisch, weshalb er die Namen Amor bzw. Cupido für Eros und Venus für Aphrodite nutzte.

In “Eros und Psyche” geht es um die wunderschöne Königstochter Psyche. Sie ist so wunderschön, dass viele Anhänger der Aphrodite abschwörten und stattdessen das junge Mädchen anbeteten. Das gefiel der eitlen und rachsüchtigen Göttin der Schönheit natürlich überhaupt nicht.

Aphrodite beauftragt also ihren Sohn Eros, er solle dafür sorgen, dass sich das schönste Mädchen in den hässlichsten und wenigsten geachteten Mann verlieben soll. Doch soweit kommt es nicht. Denn Psyche ist selbst alles andere als von ihrer Schönheit begeistert. Sie ist nämlich so schön, dass sich niemand traut, um ihre Hand anzuhalten. Auch der Vater ist ratlos, will er doch endlich einen Mann an der Seite seiner Tochter sehen. Er befragt deshalb das Orakel des Appollon, doch dieses hat keine guten Nachrichten. Er soll die Tochter im Brautkleid an die Spitze eines Berges bringen, wo sie einen furchtbaren Dämon heiraten soll. Doch auch dazu kommt es nicht, denn Zephyr, der Herr der Winde, entführt die schöne Psyche auf Geheiß von Eros in ein märchenhaftes Schloss. Eros selbst ist nälich der Schönheit der Psyche verfallen.

Eros und Psyche von Diogène Maillart (Französisch, 1840-1926)
Eros und Psyche von Diogène Maillart (Französisch, 1840-1926)

Nacht für Nacht besucht nun Eros Psyche auf dem Schloss. Diese bekommt ihn aber aufgrund der Dunkelheit nie zu Gesicht und weiß nicht, wer ihr ominöser Liebhaber ist. Darüber hinaus fühlt sie sich sehr einsam und äußert schließlich den Wunsch endlich mal wieder ihre Schwestern sehen und sprechen zu dürfen. Eros gibt nach und gewährt ihr diesen Wunsch.

Zwar sind die Schwestern froh ihre jüngste Schwester wieder wohlbehalten bei sich zu haben, doch der Besuch entfacht auch der Neid bei ihnen. Sie stiften die inzwischen schwangere Schwester dazu an, endlich herauszufinden, wer ihre Liebhaber wirklich ist.

Die naive Psyche befolgt den Rat und beleuchtet bei der nächsten Gelegenheit ihren Liebhaber im Schlaft mit einer Öllampe. Durch einen Tropfen heißen Öls, das von der Lampe auf Eros Schultern fällt, wird dieser wach und erfährt so vom Betrug seiner Geliebten. Er fühlt sich hintergangen und betrogen und flieht von Psyche.

Das Drama blieb nun auch Aphrodite nicht verborgen, die nun voller Wut auf ihren Sohn ist, der ihren Befehl missachtet und sie hintergangen hat. Sie will nun das Mädchen bestrafen und zwingt sie, verschiedene lebensgefährliche Aufgaben zu bewältigten. Doch zum Erstaunen der Göttin gelingt es Psyche alle Aufgaben zu meistern (auch mit verschiedener Hilfe, so musste sie beispielsweise Unmengen an Körner und Samen über Nacht trennen, wo ihr Ameisen glücklicherweise halfen oder sie musste ein Bündel von tollwütigen Schafen beschaffe und bekam auch hier unerwartete Hilfe von sprechendem Schilf. Erst bei der dritten und letzten Aufgabe versagt sie, als sie ein Kästchen öffnet, das sie von Hades Frau Persephone bekommen hat.

Psyche in der Unterwelt bei Hades und Persephone
Psyche in der Unterwelt bei Hades und Persephone - Bild von Charles-Joseph Natoire (Französisch, 1700 - 1777)

Sie fällt in einen todesähnlichen Schlaf, aus dem sie ausgerechnet von Eros wieder erweckt wird. Er hat von ihrem Schicksal erfahren und rettet sie. Anschließend bittet er Zeus um Erlaubnis Psyche heiraten zu dürfen. Dieser gibt nach und macht sie mit einem Becher Ambrosia unsterblich, sodass beide heiraten können. Aus dieser Verbindung geht die Tochter Hedone (römisch Voluptas - die Personifikation der Lebenslust und der sexuellen Lust) hervor.

Quellen und Verweise


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